Der Wartung von Maschinen kommt in vielen Industriezweigen eine hohe Bedeutung zu. Sie ist notwendig, um die Produktion dauerhaft aufrecht zu erhalten. Trotz aufwendiger Maßnahmen, die mit hohen Kosten verbunden sind, bleiben bei der klassischen Wartung immer wieder Probleme unentdeckt. Der IT-basierte Ansatz der vorausschauenden Wartung kann Ihnen helfen, diese Lücken zu schließen und Kosten zu sparen.
Die moderne Industrie ist geprägt durch den Einsatz komplexer Maschinen mit hohem Anschaffungswert. Sie sind meist stark spezialisiert und übernehmen häufig eine Teilaufgabe in einer langen, oft unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette. Wenn eine Maschine stillsteht, sind meist auch die nachgelagerten Produktionsschritte unterbrochen. Daher ist ein Ausfall einer Maschine in der hochintegrierten Produktionskette in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Diese umfassen nicht nur die Reparatur der Maschine, sondern auch den entgangenen Gewinn für Zwischen- und Endprodukte und etwaige Regressforderungen anderer Unternehmen. Um einen teuren Ausfall zu vermeiden, setzen die meisten Unternehmen daher umfangreiche Wartungsmaßnahmen ein. Sie basieren auf einer detaillierten Überprüfung verschiedener Bauteile auf Verschleiß und Funktionsfähigkeit in regelmäßigen Zeitabständen.
Dieses Vorgehen kann zwar viele Maschinenausfälle verhindern, aber es ist dennoch mit Nachteilen verbunden. Bei einem festen Wartungstermin werden oft erst Probleme sichtbar, die schon weit fortgeschritten sind. Diese waren beim vorherigen Termin entweder noch nicht vorhanden oder für das Wartungspersonal noch nicht erkennbar. Im fortgeschrittenen Zustand ist die Behebung des Fehlers dann häufig teurer und dauert länger als zu einem früheren Zeitpunkt. Andererseits kommt es auch vor, dass bei einem Wartungstermin gar kein Mangel vorhanden ist. In diesem Fall entstehen Kosten für eine Wartung, die objektiv nicht notwendig gewesen wäre. Mit der klassischen intervallbasierten Wartung treffen Sie also meist nicht den optimalen Zeitpunkt für eine Überprüfung oder Reparatur Ihrer Maschine.
Mit einer vorausschauenden Wartung vermeiden Sie die benannten Nachteile. Sie basiert auf einer dauerhaften Überwachung der Maschine und der Produktion mittels moderner IT-Technologie. Dafür liefern zahlreiche Sensoren permanent Daten zum aktuellen Zustand. Viele Maschinen sind heute bereits ab Werk mit verschiedensten Sensoren ausgestattet. Sie messen beispielsweise die Drehzahl einer Komponente oder die Temperatur einer Flüssigkeit. Zusätzlich werden externe Sensoren in der Produktionsumgebung installiert, die weitere Werte erfassen, etwa die Maße von Werkstücken oder Geräusche im Produktionsablauf.
Bei der vorausschauenden Wartung werden all diese Sensorwerte zusammen mit Daten aus der Maschinensteuerung softwarebasiert ausgewertet und nach Hinweisen auf drohende Probleme untersucht. Das entsprechende Machine-Learning-Programm lernt mit der Zeit immer besser, welche Konstellation von Daten einen Ausfall ankündigt. Durch die Auswertung einer großen Menge von Daten aus zahlreichen Quellen erkennt es dabei auch Auffälligkeiten, die eine manuelle Inspektion nicht aufdeckt. Außerdem erfassen moderne Sensoren bereits geringste Abweichungen vom Normalverhalten einer Maschine, die vom menschlichen Beobachter ebenfalls nicht wahrgenommen werden.
Vorausschauende Wartung begegnet damit erfolgreich der Tatsache, dass sich die meisten Ursachen für Maschinenausfälle nicht spontan entwickeln. Sie beginnen in der Regel unbemerkt, verstärken sich mit der Zeit und führen letztlich zur Störung. Wenn die Fehlerursachen durch das IT-System bereits in einer frühen Phase erkannt werden, lassen sie sich oft noch mit geringem Aufwand beheben.
Bevor die Machine-Learning-Software Probleme aufdeckt, muss sie zunächst trainiert werden. Dafür entwerfen Datenexperten ein Modell, das die Beziehung zwischen Sensorwerten und Ausfällen bestmöglich wiedergibt. Diese Zusammenhänge erlernt dann ein Algorithmus anhand von Trainingsdaten. Sie bestehen aus historischen Daten der Sensoren und Daten zu Störungen in der Vergangenheit. Im nächsten Schritt zeigt der Machine-Learning-Algorithmus an einem Set von Testdaten, wie gut er Probleme prognostiziert. Je nach Ergebnis kommt er dann in der Praxis zum Einsatz oder wird noch einmal nachjustiert. Der Algorithmus analysiert die Maschine auf Basis eines sogenannten digitalen Zwillings. Das ist eine virtuelle Kopie der Maschine, die deren Funktionsweise, die Sensoren und alle aufgetretenen Fehler digital abbildet.
Die Entwicklung des Datenmodells und dessen erfolgreiche Anwendung erfordern eine hohe Qualität der Eingangsdaten. So sollten die Trainingsdaten aussagekräftige Sensorwerte enthalten, die auch tatsächlich mit einem Fehler im Zusammenhang stehen. Da sich Probleme meist über lange Zeiträume entwickeln, umfasst die Datenbasis im Idealfall auch mehrere Monate oder Jahre. Sind die Daten in dieser Form nicht verfügbar, können auch Algorithmen zum Einsatz kommen, die ohne Trainingsdaten arbeiten. Deren Prognosen sind allerdings meist weniger genau. In jedem Fall müssen alle Daten vor der Nutzung im Training oder Produktivbetrieb umfangreich aufbereitet werden. Dabei werden etwa fehlende Werte ergänzt oder Ausreißer und falsche Werte entfernt. Diese Aufbereitung stellt bei einer großen Menge von Echtzeitdaten mitunter eine Herausforderung dar. Sie lässt sich aber mit speziellen IT-Systemen und genügend Rechenkapazität bewältigen.
Der Aufbau eines Systems für die vorausschauende Wartung ist eine Investition, die sich über Einsparungen auf verschiedenen Ebenen in der Regel bereits mittelfristig amortisiert. Durch die frühe Erkennung von Fehlern senkt die Technologie die Kosten für Reparaturen und Produktionsausfälle erheblich. Wegen der permanenten Überwachung der Maschinen kann außerdem ein großer Teil der teuren Routinewartungen entfallen. Da die Kontrolle nicht mehr vor Ort erfolgen muss, ergeben sich zudem deutliche Einsparungen bei den Anfahrtskosten für Wartungspersonal.
Diese Effekte zeigen sich auch in einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC. Dort beziffern Unternehmen die Kostenreduktion, die sie durch vorausschauende Wartung erzielt haben, auf durchschnittlich 12 Prozent. Die Zeit, in der eine Maschine arbeitsfähig ist, wird im Durchschnitt um 9 Prozent und die Lebensdauer älterer Investitionsgüter im Mittel um 20 Prozent verlängert. 1)
Arbeitet Ihr Unternehmen mit teuren Maschinen, einer mehrstufigen Produktion oder an verteilten Standorten, lohnt es sich auch für Sie, den Einsatz vorausschauender Wartung zu prüfen. Sind zusätzlich ein hoher IT-Reifegrad und Maschinendaten in guter Qualität vorhanden, lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit deutliche positive Effekte erzielen.
1) https://www.pwc.be/en/documents/20180926-pdm40-beyond-the-hype-report.pdf